DER WERKZEUGKOFFER – Die Basis zu tiergestützter Arbeit

Schon lange habe ich mir überlegt, eine Tierunterstützung in meine Arbeit mit hinein zu fügen. Schon meine Abschlussarbeit zu meiner Ausbildung zum Pflegedienstleiter/Wohnbereichsleitet handelte von Tiergestützter Therapie im Gesundheitswesen. Und nun, Jahre danach, habe ich mich entschieden eine Fortbildung in diese Richtung zu machen. Es soll mir auch dazu dienen, nach meinem Burn Out, wieder leichter in meinen Beruf zurückzukommen. Denn, ich plane, mich immer weiter aus der Pflege hinauszuziehen. Nach längerer Suche im Internet fand ich die Homepage von TABSTiergestützte Arbeit Bettina Schober. Diese bietet ein Seminar in zwei Wochenenden an. Also, habe ich mich angemeldet und am ersten Wochenende 11. – 13.09.15 und am zweiten Wochenende 17./18.10.15 fanden die Schulungen statt. Es hat großen Spaß gemacht und wir waren ein gegenseitig sehr harmonischer und offener Kurs. Ich war der sog. Quoten-Mann.

Der erste Tag erfuhren wir einiges über die allerersten Anfänge der Tiergestützten Arbeit.

1.2.1. Geschichte der tiergestützten Therapie Im 9. Jahrhundert wurde in Belgien eine „therapie naturelle“ durchgeführt. Sozioökonomisch benachteiligten Menschen wurde die Möglichkeit geboten, in der Landarbeit mit Tieren zu arbeiten, um ihre Lebensqualität zu verbessern. (Arkow, 1993) Bereits Ende des 17.Jahrhunderts kam die Vorstellung auf, Tiere könnten Menschen beim Knüpfen sozialer Kontakte hilfreich sein. Besonders Kinder könnten sich im Übernehmen von Verantwortung üben. (Serpell, 2000) 20 Ende des 18.Jahrhunderts erfolgte der Einsatz von Tieren in der psychiatrischen Anstalt „York Retreat“ in England. In der von William Tuke eingerichteten Institution ging man – für die damalige Zeit untyptisch – mit psychisch kranken Patienten human um. Tuke sah die Möglichkeit zur Heilung durch einen freien und natürlichen Umgang mit den Patienten. Im Freibereich der Anstalt gab es einen Garten, in dem Tiere untergebracht waren. Dieser Außenbereich war den Insassen frei zugänglich. Sie konnten Verantwortung übernehmen und sich im Umgang mit den Tieren in Selbstbeherrschung üben. Das brachte die sozialen Seiten der Patienten vermehrt zum Vorschein. (Serpell, 2000) „York Retreat“ ist „das älteste Beispiel eines bewussten therapeutischen Einsatzes von Tieren“. (Greiffenhagen, 1991) Ab dem 19. Jahrhundert wurden Tiere in psychiatrischen Anstalten nicht nur eingesetzt, um eine gemütlichere und wärmere Atmosphäre zu erzeugen, es wurde bereits von der wohltuenden Wirkung der Mensch-Tier-Beziehung im therapeutischen Sinn gesprochen. (Serpell, 2000) In Deutschland wurde 1867 nahe der Stadt Bielefeld „Bethel“, ursprünglich eine Einrichtung für Epileptiker, geöffnet, die seit Beginn Tiere in ihr therapeutisches Konzept mit einbezog. (Serpell, 1996) Im New Yorker Pawling-Army-Air-Force-Hospital wurde im 2.Weltkrieg Kriegsveteranen die Möglichkeit gegeben, ihre psychischen, seelischen und körperlichen Leiden im bewussten Umgang mit Tieren zu lindern bzw. zu heilen. (Olbrich, 1997) Der amerikanische Kinderpsychiater Boris Levinson gilt als Gründer der tiergestützten Therapie. Er machte in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts durch Zufall die Entdeckung, dass für ein Kind, das für übliche therapeutische Maßnahmen nicht zugänglich war, ein Hund während der Therapiestunde hilfreich war. Das Kind beschäftigte sich anfangs nur mit dem Tier und ignorierte die Aufmerksamkeit des Psychiaters. Allmählich konnte Levinson über den Hund, der die Rolle eines „Eisbrechers“ einnahm, Vertrauen beim Kind wecken und infolge dessen Therapie-Erfolge erzielen. (Greiffenhagen, 1991) Das Tier half einen gemeinsamen Kommunikationspunkt zu finden. 1969 veröffentlichte Levinson das Buch „Pet Oriented Child Psychotherapy“, in dem er über seine Erfahrungen mit Tieren als Co-Therapeuten berichtete. Er prägte zum ersten Mal den Ausdruck „pet therapy“, um den Einsatz von Tieren bei der Behandlung von psychischen Störungen zu beschreiben. Levinson war der erste, der sich wissenschaftlich mit der Tier-Mensch-Interaktion auseinander setzte und nachprüfbare, glaubwürdige Theorien aufstellte. (Serpell, 1990) 21 Levinson bezeichnete das Tier als „therapeutisches Element im Alltag“. Er war der erste, der sich für den Einsatz von Hunden in Spitälern und Altersheimen als „Freudenspender“ aussprach. Von seinen Kollegen wurden die Erforschungen als zweifelhaft und lächerlich angesehen. Das Psychiater-Ehepaar Sam und Elisabeth Corson wollte, nachdem sie Levinsons Ansätze zum Thema kannten, die Wirkung von tiergestützter Psychotherapie anhand von 50 verhaltensgestörten Männern und Frauen, bei denen jede übliche Art von Therapie ohne Erfolg blieb, untersuchen. Die Patienten bekamen stundenweise einen Hund zur Betreuung. Ihr Verhalten wurde über einen Zeitraum von 6 Monaten beobachtet und anschließend ausgewertet. Die Corsons konnten feststellen, dass sich der Umgang mit den Tieren bei fast allen Personen günstig auf den Umgang mit deren Mitmenschen auswirkte. (Kusztrich, 1988) Die Patienten antworteten länger und schneller auf Fragen und zogen sich weniger zurück. Subjektiv erschienen sie glücklicher. (Beck, 2000) Die Beobachtungen ließen erkennen, dass, wie Levinson schon meinte, Tiere als „soziale Katalysatoren“ wirken. Die Corsons brachten den Vorschlag Tiere in Gefängnissen, zur Betreuung der Gefängnisinsassen einzusetzen. Die Durchführung in amerikanischen Anstalten zeigte positive Auswirkungen: es reduzierte sich die Anzahl der Selbstmordversuche und die der Gewalthandlungen der Insassen. (Kusztrich, 1988) Folglich begannen Wissenschaftler und Therapeuten der unterschiedlichsten Bereiche sich mit der Wirkung von Tieren auf Menschen zu beschäftigen. Es wurde vielfach die heilsame Wirkung von Tieren auf Menschen beschrieben. „Die Einsicht, dass Tiere den Menschen nicht nur Fleisch liefern, Lasten tragen und Gesellschaft leisten, sondern helfen und heilen können, führte zu einer weltweiten Bewegung“. Dabei wurde der Ausdruck „ pet facilitated therapy zum Schlagwort eines neuen Wissenschaftszweigs, der „Mensch-Tier-Beziehung“.“ Ende der 70er Jahre wurde die IAHAIO (International Association of Human-Animal Interaction Organizations) gegründet, die sich die Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung zur Aufgabe setzte. Tiergestützte Therapie ist ein interdisziplinäres Gebiet, das sich zwischen den Wissenschaften menschlicher und tierischer Verhaltensforschung, Psychologie, Psychoanalyse, Psychiatrie, Soziologie, Pädagogik, Gerontologie, und Human- und Veterinärmedizin befindet. (Greiffenhagen, 1991) 22 Obwohl die Tatsache, dass Tiere auf Menschen eine heilende, therapeutische Wirkung haben können, schon länger bekannt ist, werden Tiere als therapeutische Helfer erst seit kurzem organisiert eingesetzt. (Beck, 2000) – (Quelle: Diplomarbeit „Tiere in Therapie und Pädagogik – Überblick über den Einsatz im deutschsprachigen Raum“ von Susanne Vock vom 04.02.2008)

Am zweiten Tag ging es um das Grundsatzthema Mensch – Tierbeziehung. Noch viele weitere außerordentlich interessante Themen folgten, auch und vor allem am zweiten Seminarwochende im Oktober. Es war recht anstrengend, aber, sehr motivierend und befruchtend, an diesem Thema Tiergestützte Arbeit oder auch Tiergestützte Intervention (TI). dran zu bleiben und weiter zu verfolgen, solange bis es in der eigenen Arbeit integriert ist.

Und das folgende war dann die Belohnung für die Anstrengung:

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Und nun werde ich mit meiner Chefin darüber sprechen, wie dieses, von mir angedachte, Projekt in meiner Arbeit zu verwirklichen ist. Auch, ob sie überhaupt damit einverstanden ist.

Natürlich benötige ich zu dieser Arbeit auch einen anderen Hund, da meine betagte (13 Jahre) Baira nicht mehr in der Lage ist, unbeschadet eine solche psychisch, physisch und auch vom Konzentrationsbedarf, auszuüben. Doch, das ist wieder eine andere Geschichte.

Gruß Jörg

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